Ich begreife sofort, warum sich Paula schier längs legt: Genau
so war es bei mir auch. Kein bisschen anders. Bettwäsche wechseln hielt ich während
meines Solistendaseins schlicht für überflüssig. Zu jener Zeit – okay, okay,
ich geb’s zu – bin ich ohnehin meist alkoholisiert in die Horizontale gegangen.
Und damit geruchssinnbetäubt. Die Theorie, ich hätte gerade mit diesem Ziel
regelmäßig getrunken, halte ich für übertrieben, aber nicht für ausgeschlossen.
Immerhin waren die Lokalitäten, die ich frequentierte, durchweg Raucherbuden.
Habe ja selbst ohne Ende geschlotet damals. Mein olfaktorisches Langzeitgedächtnis
lässt mich selten im Stich. (Ich weiß noch genau, wie mein erstes Rockkonzert, Status
Quo, 1978, roch.) Das Odeur meiner maximal im Halbjahresrhythmus gewechselten
Bettwäsche bauscht sich unter meinen Nasenflügeln auf. Das Schlimmste an der
ganzen … Sauerei (?)… war wohl, dass Kissen und Decke tagsüber genau in der
Position verharrten, in der ich sie morgens verlassen hatte. Bettmachen,
Auslüften? Gott bewahre! Jetzt schüttle ich mich auch.
Heute hat Paula dienstfrei. Theoretisch. Eine Fortbildung
steht an. Das ist an und für sich nett. Wir können zusammen und etwas später
aus dem Haus als sonst. Aber Paula echauffiert sich (wieder einmal) über den
Tag. „Eine Scheiße ist das: Erst hänge ich bis Viertel vor Fünf in der Schulung
rum. Wenn ich dann nach Hause komme, kann ich gleich das Kind zum Training
fahren. Einkaufen, kochen – alles, alles, alles bleibt immer an mir hängen.“ Dann
drückt sie Zahnpasta (Intensive Clean mit Zitronenaroma – für meinen Geschmack
zu scharf) auf die Bürste. Zähne schrubbend geht sie ins Schlafzimmer und …
macht die Betten.
Ich stehe vor dem Kleiderschrank und suche mir ein Hemd aus.
Ich kann Paula im Spiegel sehen. Die Frage „Warum macht sie das?“ geht mir
durch den Kopf. Mir wäre das einerseits zu blöd. Die Schärfe der angeblich intensiv
reinigenden Zitrone(nchemie) verätzt beinahe die Zunge. Das Gemenge aus Wasser,
Pasta und Speichel muss man deshalb ständig im Mund bewegen; Runterschlucken
brennte am Zäpfchen. So fuhrwerkt Paula eben mit einer Hand an der Zahnbürste,
mit der anderen mehr linkisch als geschickt am Bettzeug herum.
Andererseits könnte ich Paula jetzt sagen, dass Bettenmachen
nicht nötig sei. Vor allem nicht jetzt. Dann aber – Wie oft habe ich diese
Erfahrung schon gemacht? Gefühlte zehn Millionen Mal. – dann aber würde Paula
losblaffen. Sehr wahrscheinlich mit einer sinngemäßen Frage, wer genau das zu
entscheiden habe, was nötig sei. An die mögliche Diskussion über häusliche
Ordnung, die Verteilung der Zuständigkeiten oder gar das antiquierte
Geschlechterbild in unserer Gesellschaft will ich gar nicht denken. Es ist kurz
vor acht Uhr in der Früh. Und ich bin Morgenmuffel. Ich nehme das
lila-weiß-karierte Hemd.
Im Bad ziehe ich das Hemd an, verpasse meinen Haaren eine
Ladung Wachs und denke an Helmut Kohl. Der war Bundeskanzler, als ich zuletzt
meine (Junggesellen)bettwäsche gewechselt habe. Und ich denke an den Mief in
dieser Wäsche.
Und der kommt mir irgendwie gar nicht mehr schlimm vor.
*Der Posttitel ist ein Zitat aus dem Lied "Mief!" von Die Doofen; 1995.
Weisst du eigentlich das Betten lüften überbewertet wird? Durch das lüften bekommen all die Bakterien und Keime schön Sauerstoffzufuhr um sich dann aktiv weiter zu vermehren, wärend sie im ungemachten Bett einfach ersticken würden ... :) Ja so ist das :)
AntwortenLöschenHey Yafe, na dann habe ich ja doch (fast) alles richtig gemacht.
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