Nein – nicht wie immer. Überhaupt nicht: Paula kommt zurück
ins Bett. Stante pede bin ich wach. Elektrisiert. Paula legt ihren Kopf auf
meine Schulter. Hier stimmt etwas nicht. Ganz und gar nicht. Irgendwie presse
ich ein fragendes „Hmmmh?“ heraus, das ich ganz hinten am Gaumen erzeuge. Paula
flüstert. Kaum hörbar. „Ich gehe heute da nicht hin.“ Ein neuer Stromstoß
durchzuckt mich. „Ich gehe heute da nicht hin.“ Trotz des sonoren Tonfalls, sticht
dieses „da“ ganz gewaltig hervor. „Da!“ Das klingt wertend. Negativ. Paulas
ganze Abgespanntheit, ihre Labilität, ihre Grübelei, alles, alles, alles
entlädt sich in diesen zwei Buchstaben.
Es ist das erste Mal, dass Paula nicht zur Arbeit geht, weil
sie einen depressiven Schub hat. Die Synapsen in meinem Kopf spielen verrückt.
Den Ernst der Situation überblicke ich in wenigen Sekunden. Es geht um Paula. In
erster Linie geht es um sie. Selbstverständlich geht es um sie. Nicht arbeiten
zu gehen, ist ein neues Symptom. Ihr Gesamtzustand verschlechtert sich. Mein
Puls pocht in den Schläfen. Mit weit geöffneten Augen starre ich an die Decke. Nichts.
Es ist noch dunkel.
Es geht auch um uns. Wir können uns das finanziell nicht
leisten. Falls – ich betone: falls – Paula nicht mehr arbeiten könnte.
Mittelfristig. Der Glühfaden des „Tilt“-Lämpchens im meinem Kopf beginnt zu
glimmen. Gleich gehen alle anderen Lämpchen aus. Fürchte ich. „Ich brauche
einfach im Moment noch etwas Zeit“, haucht Paula da. Uff! Das kann man als eine Art
Entwarnung verstehen. Eine gewisse Perspektive schwingt mit. Eine gewisse.
Naja.
Ich kriege es hin, ihr zu vermitteln, dass es okay ist. „Bleib‘
zuhause, wenn dir danach ist.“ Ich rate ihr, in der Klinik (in der sie
arbeitet) anzurufen, um sich krank zu melden. Das hat Paula schon gemacht. Immerhin!
Sie ist also einigermaßen klar und sachlich an die Sache rangegangen.
Ich stehe auf. Versorge die Kinder. Keines fragt, wo Mama
ist. Vielleicht haben sie nicht bemerkt, dass die Tasche noch auf der Garderobe
steht. Vielleicht! Als ich zur Arbeit gehe, die Kinder sind schon zum Bus gegangen, rufe ich,
„Bin dann weg!“, nach oben. Von Paula kommt nur ein leises „ja“ zurück.
Im Büro rufe ich Paulas Schwester an. Noch bevor ich meine Jacke
ausgezogen habe. Selbst die Wollmütze habe ich noch auf. Ich will mich mit meiner
Schwägerin beraten. Darüber, ob ich Paula in eine psychiatrische Klinik bringen
sollte, wenn ihr Zustand anhält bzw. sich weiter verschlechtert. Paulas
Schwester ist schockiert. Eine Stunde später ruft sie mich zurück. Sie könne
Paula nicht erreichen. Nicht auf dem Festnetz. Nicht auf dem Handy. Sie fahre
jetzt zu ihr.
Der Bürotag ist gelaufen. Ich kriege nichts mehr auf die
Reihe.
Nimmt sie keine Medikamente? Nichts? Oh man wie schrecklich , all das muss nicht sein .... Das tut schon beim lesen weh ...
AntwortenLöschenDas frage ich mich auch die ganze Zeit sie brauch doch viel mehr Hilfe um aus den Sog raus zu kommen..Habt ihr bei Euch das Bewo von der Phg? Gnaz toll,,Was hälst Du von einer Selbsthilfegruppe für Dich?LG
AntwortenLöschen