Mittwoch, 6. Februar 2013

(Kranken)(not)stand

Ich bin heute Abend mit Fritz verabredet. Endlich mal. Wir reden schon seit Monaten darüber, uns mal zu treffen. Aber – wie es so ist – geklappt hatte es bisher nicht. Nervig bloß, dass Fritz sich direkt nach Feierabend treffen will. An und für sich kein Thema; für ihn heißt das allerdings schon um 18 Uhr. Üblicherweise muss ich da noch ein halbes Stündchen arbeiten. Aber: Lässt sich alles einrichten.

Paula ist heute mit Frau Hämmerle, ihrer Psychotherapeutin, verabredet. Gemeinsam wollen sie klären, wie ein möglicher Klinikaufenthalt für Paula organisiert werden kann und welcher Arzt, was, in welcher Form verschreiben soll, damit die Krankenkasse so viel wie möglich übernimmt.

Die ganze Nacht wälzt sich Paula im Bett herum. Ich mich irgendwann auch. Selbst als ich meinen Arm unter ihr herschiebe und sie an mich ziehe, kann sie nicht still liegen. Ich kenne sie. Ich spüre ihre Anspannung. Nachdem sie neulich schon – ’tschuldigung - zu nichts zu gebrauchen war, als sie vom Termin mit Frau Hämmerle kam, ist mir völlig klar, woher die Unruhe kommt.

Ich rasiere mich gerade, als das Telefon klingelt. „Nicht schon wieder“, denke ich und nehme an, es sei unser Kind, das, wie schon vorgestern, den Bus verpasst hat. Die Uhrzeit stimmt. Aber es ist Frau Hämmerle. Sie ist krank. Das erfahre ich, als ich quasi schon aus der Haustüre bin. Paula sieht mich mit leeren Augen an. Ich denke „Scheiße“. Ich muss los; der Bus wartet nicht.

Auf dem Weg ins Büro überschlage ich, wie lange Fritz und ich es wohl aushalten, wenn wir uns schon um 18 Uhr treffen. Nun denn, bis 21 Uhr sicher. Vielleicht länger. Länger als bis 23 Uhr eher nicht. Ich habe Morgen einen Kundentermin, muss deshalb eine halbe Stunde früher los als sonst. Wäre gut, ich könnte Paula noch mindestens ein halbes Ohr leihen, wenn ich nachhause komme. Hören, wie es ihr geht.

Die erste Bürostunde ist noch nicht um, als Paula anruft: Der von Frau Hämmerle empfohlene Spezialist hat erst Ende nächsten Monats einen Termin frei. Paula ist verzweifelt. Ich nenne ihr die Adressen, die mir neulich empfohlen wurden. Da will sie nicht hin. Frau Hämmerle wisse schon, was richtig für sie, Paula, sei. Ich schlage vor, sie solle Frau Hämmerle doch noch mal anrufen. „Ja vielleicht“, antwortet Paula, „aber erst heute Nachmittag“. Sie zögert einen Augenblick. „Ich, ich“, sie schluchzt, „ich weiß nicht wie das alles laufen soll.“

Auf dem Weg zum Treffen mit Fritz habe ich Bauchschmerzen.

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