Wow, wie lange mag das das her sein, dass ich allein zuhause
eine Zigarette geraucht habe? Jahre. Mindestens fünf. Wahrscheinlich mehr. Ich
weiß es nicht mehr. Es ist saukalt. Der schwere Hochnebel des Tages hat sich
auf die Häuser der Nachbarn gesenkt, auf die Wiesen und Felder. Der Dorfbach
plätschert vor sich hin. Eine Zeitlang sind das Plätschern und die Kälte die
einzigen Geräusche. Sofern Kälte überhaupt ein Geräusch machen kann – es ist diese
typische Klangkulisse einer winterlichen Landschaft. Aus dem Dunst in der oberen
Kurve Richtung Hügel lösen sich zwei Scheinwerfer. Sie kommen näher. Es ist der
22:40-Uhr-Bus. Auf dem Weg in die Stadt.
Ich nehme einen Zug aus der Zigarette. Denke daran, dass ich
früher jeden Freitag auch um diese Zeit auf dem Weg in die Stadt war. Habe erst
die Clique getroffen. In einem Café, in dem ein paar Leute aus der Clique
gearbeitet haben. Wir haben uns immer dort getroffen. Ohne Verabredung. Und es
waren immer alle da. Bis zur Sperrstunde haben wir geklönt, gelacht und
getrunken. Vor und hinter der Theke. Wenn die hinter der Theke Feierabend
hatten, sind wir weitergezogen. In „unseren“ Club.
Acid Jazz war gerade extrem
angesagt. Wir haben uns Platten von Mother Earth aus England bestellt,
Jazzmatazz gehört bis zum Umfallen, und ab und zu Pizzicato Five. In dem Club wurde Acid Jazz gespielt. Wir haben uns die
Seele wechselweise aus dem Leib geschrien oder getanzt. Dazu gab es verdächtig
zu helles Bier aus Halbliterkrügen. Oder Ramazotti auf Eis mit Zitrone. (Buah, würde
ich heute keine zwei mehr runterkriegen von.) Und Zigaretten gab es. Eine ganze
Schachtel für jeden, wenn wir gut in Form waren. Manchmal wurde es schon hell,
wenn wir aus dem Schuppen rauskamen. Nicht nur im Sommer.
Ich stelle mir vor, wie es sein würde, wenn ich heute alleine
wohnen würde. Mehr als eine altersschiefe Ein-Zimmer-Bude würde ich mir nicht
leisten können. So eine wie die damals von Tanja, bei der ich manchmal …
hüstel, hüstel … übernachtet habe, bevor ich mit Paula zusammenkam. Da gab es
ein Waschbecken an der Wand im Wohnraum und eine Dusche, die improvisationsbegabte
Klempner der Küche abgetrotzt hatten. Die Toilette war auf dem Flur, eine
Kirche genau gegenüber.
Ich würde ein Bett haben, dessen Rost Europaletten wären.
Wahrscheinlich vier. Denn ein Doppelbett müsste selbstverständlich sein. Wenn
die Kinder mal über Nacht kämen. Wenn sie nicht kämen, würde ich
Radio hören. (Vielleicht sogar auch, wenn sie da wären, wer weiß?) Dabei würde
ich sehr wahrscheinlich einpennen. So wie damals, als ich noch alleine wohnte.
Bevor Paula und ich zusammenzogen und später verheiratet waren.
Meine Schallplattensammlung, die CDs und die Stereoanlage
würde ich in und auf Holzweinkisten unterbringen. (Die Dinger werden heutzutage
für teures Geld gehandelt, früher holte man sich die einfach vom Sperrmüll.)
Kleiderständer statt Kleiderschrank wäre absolut okay. Eine Kommode vielleicht
für die Unterwäsche, den Kleinkram und für Zeug, das Gäste vielleicht besser
nicht sehen sollten.
Der nächste Zug aus der Zigarette ist schon sehr heiß; die
Kippe fast fertig geraucht. Ich erinnere mich, wie Paula einmal im Club umgekippt
ist. Die Rauchschwaden und die Ramazottis waren in der Nacht zu viel für sie.
Trotzdem sind wir am nächsten Freitag wieder hin. Um zu „Hicky-Burr“ von Bill
Cosby & Quincy Jones zu tanzen.
Während ich die Kippe in die leere Schachtel stecke, nach
unten gehe und mir noch eine Flasche Sprudel hole, will mir nicht einfallen,
wann Paula und ich zum letzten Mal in einem Club waren. Wann waren wir
überhaupt das letzte Mal alleine aus?
Interessant Dein Blog und die Sicht eines Mannes! Gefällt mir sehr gut! Ich selbst habe auch Depressionen und immer gedacht, es ist eben so .... Nein ist es nicht. Man kann sehr gut was tun dagegen und man kann auch noch leben, glücklich leben. Ich habe selbst 3 Kinder! Man muss sich nur trauen und was ändern wollen. Die besten Eltern sind die, die als allererstes für sich selbst sorgen!
AntwortenLöschenGanz lieben gruss Yafe
Erfrischend anders! Mir gefällt dein Blog und die Art, wie du schreibst. Ich bin zwar selbst depressiv, bin aber ab und zu auch in der Position eines Angehörigen. Ich habe deine Seite in meinem Blog http://www.was-ist-depression.net verlinkt und wünsche dir viele neue Leser! Wenn du noch mehr Links brauchst, kannst du hier kostenlos einen setzen: http://blogverzeichnis.site90.net/
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