Ich spüre, dass ich jetzt gleich explodiere. Das wäre normal.
Wie dieser Donnerstag eben.
Aber ich halte mich zurück. Paula hat mehrere Tage
hintereinander Dienst gehabt. Sie ist sehr angespannt, sie hat in den letzten
Nächten sehr schlecht geschlafen. Ich möchte nichts lieber, als sie jetzt mal so richtig
anmotzen, eine Erklärung von ihr zu fordern. Eine Erklärung dafür, was die
Schusseligkeit unseres Kindes damit zu tun hätte, dass sie … tä, tä, tä … auch
mal um sieben Uhr hätte essen wollen. Ich möchte sie am liebsten in überspitzt
zynischem Ton fragen, warum sie denn nicht einfach um sieben Uhr isst, wenn sie doch – ganz normalerweise SCHON – um acht Uhr Chorprobe hat. Ich würde schließlich nicht
erwarten, dass sie auf mich wartet. Ich nicht. Ganz bestimmt nicht. (Das stimmt
übrigens! Ich wünsche mir oft, dass sie das tut. So könnten viele Streitigkeiten
vermieden werden.)
Ich halte mich zurück. Denn am Samstag sind wir zu einem der
edelsten und hochkarätigsten Bälle der Region eingeladen. Einer meiner
(Geschäfts)freunde möchte sich dafür bedanken, dass ich ihn vor vier Jahren als
Lieferanten für die Agentur verpflichtet habe und er nun sehr respektablen
Umsatz mit uns macht. Ich möchte, dass Paula und ich angemessen entspannt und stimmig
gelaunt dort hingehen. Aufregungen, Streitigkeiten, Zerwürfnisse, die nicht
mehr geklärt werden können, vergiften die Atmosphäre. Also versuche ich Eklats
zu vermeiden. Leider hat der Junge jetzt das Weizenbierglas umgestoßen. Ich bin
sauer. Meine schöne Taktik ist schlicht – sorry – am Arsch. Ich kacke den
Jungen an.
Als Paula zur Chorprobe gegangen ist, gehe ich nach oben,
klopfe an die Zimmertür und bitte ihn, aufzumachen. Er kommt heraus, sieht mich
mit verheulten Augen an. Ich schlage ihm vor, gemeinsam zu versuchen, den
Saftfleck auf dem Teppich zu bearbeiten. Vielleicht sei ja doch noch etwas zu
retten. Mit einer Lauge aus Wollwaschmittel und lauwarmem Wasser, einer
frischen Wurzelbürste, einem Autoschwamm und zwei alten Handtüchern beackern
wir den Teppich. Volle zwanzig Minuten lang. Wir legen weitere Handtücher und alte Zeitung darunter, damit
alles besser trocknen kann.
Danach essen wir zusammen ein Stück Pizza. Ich eines mit
Ziegenkäse, der Junge eines mit Salami. Ich denke, es schmeckt uns.
(Epilog: Der Teppich ist spitzenmäßig geworden! Sogar all
die anderen alten Flecken sind rausgegangen. Paula hat sich, wenngleich etwas
verhalten, gefreut darüber.)
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